Felines Coronavirus / Feline Infektiöse Peritonitis (FIP)
Ätiologie
Die feline infektiöse Peritonitis (FIP) ist weit verbreitet und die häufigste infektiöse Todesursache bei Katzen weltweit. FIP wird durch das feline Coronavirus (FCoV) hervorgerufen. FCoV besitzt eine Hülle und misst 120–160 nm im Durchmesser. Der Träger der Erbinformation ist eine RNA, die 30.000 Nukleotide umfasst. Das Virus ist in besonderem Maß empfänglich gegenüber Mutationen, da die RNA-Polymerase bei jedem Replikationszyklus Nukleotide fehlerhaft einbaut. Die Virushülle enthält das so genannte Spike-Protein von etwa 200.000 Dalton und ein Envelope-Protein von rund 30.000 Dalton. Im Innenkörper liegt ein einziges Kapsidprotein von rund 45.000 Dalton vor. FCoV bleibt in der Umgebung bis zu 7 Wochen infektiös.
Epidemiologie
FCoV kommt weltweit vor (bei über 80% der gesamten Katzenbevölkerung inkl. Grosskatzen) und ist in allen Mehrkatzenhaushalten endemisch. FCoV kann eine harmlose vorübergehende Darminfektion verursachen, die in der Regel völlig ohne klinische Symptome verläuft oder aber, in seltenen Fällen, FIP auslösen. Nur etwa 5 % aller Katzen in Mehrkatzenhaushalten mit endemischer FCoV-Infektion erkranken an FIP.
Im Endeffekt handelt ist sich bei FIP um höhere Gewalt „Force Majeure“.
FCoV wird durch direkten Kontakt mit ausscheidenden Katzen und indirekt durch kontaminierte Gegenstände (Schuhe, Fressgeschirr, Katzentoilette) auf empfängliche Katzen übertragen. Über die Maulhöhle gelangt das Virus in den Dünndarm. Dort vermehrt es sich in den Epithelzellen von Duodenum, Jejunum, Ileum und Kolon. Die höchste Viruslast wird im Kolon beobachtet. Parallel zur Besiedelung des Darmtrakts kommt es nahezu bei jeder Katze zu einer Virämie. Pro Gramm Kot werden bis zu 108 Viruspartikel ausgeschieden. Die wichtigste Infektionsquelle ist daher die Katzentoilette. Jede Katze, die eine derart belastete Katzentoilette benutzt, setzt sich einem massiven Infektionsdruck aus.
Pathogenese
Inzwischen ist die sogenannte „internal mutation hypothesis“ in der Entstehung der FIP weitgehend akzeptiert: FIP wird hervorgerufen durch spontane Mutationen von FCoV, die letztendlich dazu führen, dass das FCoV sich in Makrophagen massiv vermehrt.
Nimmt eine Katze FCoV oronasal auf, setzen sich diese im Dünndarm an der Oberfläche der Enterozyten fest, dringen in die Zellen ein, vermehren sich im Zytoplasma und führen zur Zerstörung der Zellen. Die FCoV-Infektion kann so im Magen-Darm-Trakt der Tiere persistieren ohne klinische Symptome zu verursachen.
FIP selbst ist keine Infektion, sondern entsteht nur dann, wenn es während der FCoV-Vermehrung durch Mutation zu Veränderungen im Genom kommt. Entscheidend sind vor allem Mutationen im Gen des Spike-Proteins. Diese Mutationen führen zu einem Defekt der Oberflächen-Rezeptoren des FCoV. Durch diese Veränderung kann das Virus nicht mehr an Rezeptoren auf den Enterozyten binden und in die Zellen eindringen. Daher werden die mutierten Viren von Makrophagen aufgenommen und vermehren sich in diesen. Vermutlich ist für die effektive Vermehrung in Makrophagen sogar noch eine zweite Mutation, z. B. im 3C-Gen, notwendig.
Alle Faktoren, die eine vermehrte Virusreplikation begünstigen, erhöhen die Wahrscheinlichkeit der Mutationen, also Dosis und Virulenz des Virusstamms, Alter und Immunsuppression des Tieres (z. B. durch Stress, Glukokortikoide, Infektionen mit FeLV oder felinen Immunschwächeviren), genetische Prädispositionen sowie vor allem Reinfektionen in Mehrkatzenhaushalten. Die mit den mutierten Viren befallenen Makrophagen setzen Entzündungsmediatoren frei, die zu einer massiven systemischen Entzündung im Körper der Katze führen. Es kommt zur Bildung von Antigen-Antikörper-Komplexen, die sich unter anderem in den Gefäßen ablagern, und zur Vaskulitis und damit zur Entstehung von Körperhöhlenergüssen führen.
Die Krankheit FIP entsteht also letztendlich nicht durch das Virus selbst, sondern durch die überschießende Immunreaktion des Körpers auf das Virus.
Klinik
Das klinische Erscheinungsbild der FIP ist vielfältig, da viele Organe, vor allem Leber, Niere, Darm, Pankreas, ZNS und Augen, entzündlich verändert sein können. Bei allen Katzen mit unspezifischen Symptomen, antibiotikaresistentem, rezidivierendem Fieber, Fieber und unklaren Organveränderungen, chronischem Gewichtsverlust und bei allen Katzen mit Erguss, sollte FIP in Betracht gezogen werden.
Viele Katzen mit FIP entwickeln Thorax– oder Abdominalergüsse. Manchmal zeigt sich nur ein Skrotalerguss oder ein Erguss in Form einer Hydronephrose. Gelegentlich tritt Ikterus auf, der multifaktoriell bedingt sein kann. So wird der Bilirubin-Transport in und aus der Leberzelle durch hohe Konzentrationen an Tumornekrosefaktor-alpha, die typischerweise bei FIP auftreten, gehemmt. ZNS-Symptome kommen bei etwa 25 % der Katzen mit FIP, bedingt durch entzündliche Veränderungen im ZNS, vor. Am Auge kann eine Uveitis auftreten.
Prophylaxe (im Privathaushalt)
Die wichtigste Maßnahme besteht in der Reduktion des Infektionsdruckes:
Gewerbliche Prophylaxe (in unserer Zuchtstätte)
Wir führen unter anderem als Präventionsmaßnahmen regelmäßige Breitbandflächendesinfektionen (unter Berücksichtigung von Biosicherheitsmaßnahmen) durch.
Sie bildet folgerichtig den Grundstein für eine Verbesserung der Tiergesundheit.
Im Rahmen eines strikten Hygienekonzepts lassen sich Krankheitserreger (Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten etc.) nachhaltig bekämpfen.
Ziel ist es, Schwachstellen auszubessern, damit Krankheitserreger nicht in den Körper der Tiere eindringen und Krankheitsausbrüche begünstigen.
Folglich werden auch Antibiotika-Einsätze reduziert!
Wir führen Biosicherheitsmassnahmen durch.
Diese lassen sich in zwei Kategorien einteilen.
Einerseits müssen wir vermeiden, dass Erreger in unseren Betrieb eingeschleppt werden und andererseits ist die Vermeidung der Erregerverschleppung am Betrieb genauso wichtig!
Diese aufgeführten Faktoren sind allerdings nur im gewerblichen Bereich einsetzbar und nicht in einem Privathaushalt oder in einer „Hobbyzucht“!
Studie und FIP-Therapie
Seit 2016 bzw. 2018 gibt es zwei neue experimentelle Wirkstoffe (GC376, GS-441524), die in mehreren Studien 100% erfolgreich zur Behandlung von FIP eingesetzt wurden. Bislang sind diese Wirkstoffe leider in der EU nicht als Tierarzneimittel zugelassen und ihr Einsatz für Tierärzte nicht erlaubt. Dieses stellt eine regelrechte Schande dar, allerdings verweisen wir auf „Social Media“!
Weltweit behandeln viele Besitzer ihre Katzen „auf eigene Faust“ erfolgreich, dieses muss allerdings unverzüglich geschehen. Diese Erkrankung schreitet extrem schnell fort und ist unbehandelt innerhalb weniger Tage tödlich. Im Endeffekt zählt jede Stunde, da diese heimtückische Erkrankung in der Regel sehr spät erkannt wird! Tierärzte begleiten und beobachten allerdings die betroffen Katzen (während der Medikamentengabe der Besitzer) und helfen diesen, soweit sie dieses durchführen können bzw. dürfen.